Manchmal bewegt man sich auf einem schmalen Grat.
Der Jubiläumsgrat hatte es in sich, wie so viele andere Bergtouren auch, aber anders. Und hat mir den Muskelkater meines Lebens beschert.
Auch ein paar Synapsen sind gefühlt abgerissen, so schwinge ich noch in der Achterbahnfahrt der Gefühle und muss mich noch etwas sammeln.
Für mich gilt es nie, mich oder den Berg oder beides zu bezwingen, gegen den Schweinehund zu kämpfen oder mir was zu beweisen. Oder möglichst schnell auf nem Gipfel anzukommen.
Je mehr ich in der Lage bin, mich hinzugeben, mich einzulassen und genau zu beobachten, wie es mir geht, was um mich herum passiert mit dem Wetter, desto besser kann ich den Moment wahrnehmen.
Der Berg wird immer gewinnen gegen Unachtsamkeit oder es mal schnell irgendwie hinkriegen wollen. Man kann Glück haben, aber entscheidend ist, mit dir im Reinen am Berg zu sein.
Wir starteten in guter körperlicher und geistiger Verfassung am Sonntagmorgen von der Zugspitze aus bei eisigem Wind und Sonnenschein pur.
Der erste Schritt auf dem Grat fühlte sich schon besonders an.
Insgesamt 8 km erstreckt sich der Jublläumsgrat und ist ein permanentes hoch- und herunter Gekraxel in luftiger Höhe zwischen 2600-2900 m.
Es gibt stellenweise Stahlseile und etwa fünf richtig krasse Kletterabschnitte. Der Weg ist insgesamt sehr ausgesetzt, steinig, geröllig, felsig. Jeder Schritt muss sitzen.
Ich wußte vorab nicht, wie ich mental reagieren würde auf diese Gegebenheiten. Und fühlte mich von Anfang an recht sicher.
Thomas schnallte mich kurz nach dem Einstieg für eine Weile ans Seil und dann ging es allein weiter.
Eine etwa 5 m lange vereiste Passage auf der Nordseite überraschte uns komplett. Und plötzlich wird einem bewusst, dass der nächste Schritt sitzen MUSS.
An der Biwakschachtel nach etwa 2/3 des Weges überlegten wir, zur Knorrhütte abzusteigen, aber der abfallende, fein-geröllige Trail sah gefährlicher aus als auf dem Grat weiterzugehen.
Erst als zwei uns entgegenkommende Bergsteiger meinten, dass die letzte Passage vor der Alpspitze auf der Nordseite frei von Schnee und Eis sei, atmeten wir auf.
Als wir uns ca. 300 m unterhalb der Gipfelkreuzes der Alpspitze befanden, hörte ich jemanden meinen Namen rufen. Peter!
Er hatte extra länger als geplant auf uns gewartet und war von unten hochgewandert. Erleichtert fielen wir uns in die Arme und stiegen zu dritt über die Via Ferrata zur Bergbahn ab.
Gerade noch rechtzeitig erwischten wir die letzte Gondel. Mein Kopf dröhnte bis spätabends von den Eindrücken und dehydriert war ich definitiv auch. Es bleiben die Spuren in Körper, Geist und Seele.
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