Spontan ist manchmal am besten.
Nach der sportlich sehr entspannten Woche zuvor startete ich ausgeruht und energiegeladen in die neue Woche. Hatte mir vorgenommen, die Kilometer zu steigern ohne die Höhenmeter ausarten zu lassen.
Wichtiger Punkt: Entweder das eine oder das andere intensivieren, nicht beides. Zum Glück spielte das Wetter endlich gut mit, so dass zwei Einheiten am Dienstag nichts im Weg stand.
Bei einem besonders ruhigen easy run fokussierte ich mich auf ein langsameres Tempo als sonst, versuchte bewusst, mehrmals für ein paar Minuten nur durch die Nase zu atmen.
Keine leichte Übung.
Auf diese Weise kann es besser als nur durch das subjektive Empfinden gelingen, das langsame Tempo zu treffen, das eben größtenteils die Grundlagenausdauer verbessert.
Ich merke doch häufig, dass ich diese Art von Lauf oft noch viel zu schnell laufe.
Gerade wenn man so in Gedanken versunken ist oder einem besonders schönen Lied lauscht oder sich vom Wind mittragen lässt, wird das Tempo automatisch schneller.
Die Nasenatmung wirkt da wie ein Kontrolleur - dringend zur Nachahmung empfohlen. Am Abend folgte dann noch ein knackiges Intervalltraining am wunderschön gelegenen Eibsee, was ich deutlich besser absolvieren konnte als noch vor ein paar Wochen.
Am nächsten Tag wachte ich gut erholt auf und warf einen Blick auf den Wetterbericht für Donnerstag. Ganz plötzlich hatte ich den Gedanken, einfach auf die Zugspitze zu laufen.
Es gibt dort hinauf sechs verschiedene Routen, die übers Reintal ist die zweit leichteste, welche ich auch wählte. Aufregung machte sich breit, denn die Strecke würde gleichzeitig auch einen Ultra bedeuten und mit 50 km zu Buche schlagen.
Am Vorabend legte ich alles bereit und startete nach ganz wenigen Stunden Schlaf morgens um kurz nach 5 meine Tour.
Ich ließ es ruhig angehen und bahnte mir meinen Weg über die Schotter-Waldweg-Autobahn bis zur Bockhütte. Versuchte, die nicht sehr steilen Anstiege locker zu laufen, den Rest in gutem Tempo mit Stöcken zu gehen.
Unterwegs traf ich schon eine Handvoll Wanderer, die ich auf dem Rückweg wieder passieren sollte. Weiter ging es durchs sogenannte “Little Canada” des Reintals zur Reintalangerhütte.
Hier war schon reges Treiben am Morgen und viele Wanderer nutzen einen Stopp hier, um am nächsten Tag zur Zugspitze aufzusteigen.
Der ehemalige Hüttenwirt war ein guter Bekannter und kam in der Nähe der Hütte vor zwei Jahren beim Eisklettern dramatisch ums Leben.
Ich war seitdem nicht dort gewesen und kurz gedachte ich ihm und erinnere mich in solchen Momenten daran, weise am Berg zu bleiben.
An Tagen, wo man sich nicht 100% fühlt, lieber umzudrehen. An diesem Tag merkte ich schon auf den ersten Metern meiner kleinen Reise, dass die Tagesform stimmte.
Kraxelte den hochalpinen Fels hinauf zur Knorrhütte, von wo aus sich der Weg dann schier endlos über einen recht einfachen Bergpfad auf 2600 m schlängelt.
Leider galt es noch einige Schneefelder zu passieren, die mitunter ganz schön rutschig waren und ich froh war, mich mit den Stöcken gut abstützen zu können.
Ohne es zu merken, überholte ich einen Wanderer nach dem anderen. Ich komme mir selbst, wenn ich in den Bergen laufe, nie wirklich schnell vor, aber erst auf solchen Wegen trennt sich dann doch die Spreu vom Weizen.
Auf dem Rückweg kamen mir zahlreiche Wanderer entgegen, die ich meinte, schon längst oben sein zu müssen. Manchmal klaffen eben doch die Welten und ein bisschen stolz bin ich darauf, mir über viele Jahre diese Fitness aufgebaut zu haben.
Unzählige Stunden und Höhenmeter überwunden habe, um dann an einem solchen Tag einen Ultra im Hochalpinen zu wuppen.
Mein Ziel war von Anfang an, nicht bis ans Limit zu gehen, sondern mir die Kräfte gleichmäßig einzuteilen und die Müdigkeit so weit es ging, nach hinten hinaus zu zögern.
Der Aufstieg zur Zugspitze ist nichts weiter als eine steile Geröllhalde, auf der man teils auf allen Vieren hochkraxelt. Nach etwa einem Drittel geht der “Weg” in einen versicherten Steig über.
Zu meiner großen Überraschung warteten auf den letzten Metern zwei biestige ungesicherte Schneefelder darauf, überschritten zu werden. Bloß nicht nach links und rechts schauen! Jeder Schritt musste sitzen.
Oben angekommen, war ich erleichtert und froh, entschied bei einem feinen Espresso Macchiato, den letzten Anstieg mit der Bahn zurück auf 2600 m zu gondeln.
Es fühlte sich sicherer an, denn ich hatte keine Lust auf eine gefährliche Schlitterpartie.
Mein Magen, der zuvor etwas aufgeregt gewesen war, beruhigte sich schnell. Ich mischte ein Tütchen Aminosäuren in Säuren und spürte Minuten später die Wirkung.
Die Beine waren wieder voller Kraft und Energie für den bevorstehenden Abstieg vom Sonnalpin zur Knorrhütte und von dort aus zurück nach Hause.
Erst bei km 45 spürte ich eine Ermüdung in den Beinen, konnte dennoch ein gutes Tempo über die Schotter-Autobahn im Wald beibehalten. Fies wurde es auf den letzten Kilometern, als noch einmal zwei steile Anstiege zu bewältigen waren.
Umso herrlich-beflügelnder danach die letzten zwei Kilometer zurück nach Hause. Ich war so glückselig über diese fast acht Stunden in den Bergen, ein Kurzurlaub, ein Geschenk an mich. Freiheit.
Mein Spezial-Pülverchen kurbelte ordentlich die Erholung an und auch am nächsten Tag fühlte ich mich gut. Zwar etwas müde in den Füßen und minimal in den Beinen, aber längst nicht so matt, wie ich es sonst von Ultras kenne.
Die Tage danach gestaltete ich ruhig bei zwei kurzen Läufen im eher Flachen und einer entspannten Radausfahrt mit dem MTB.
Alles in allem eine spannende Woche, in der auch die Arbeit nicht zu kurz kam und ich aus dem Zugspitz-Lauf viel Kraft schöpfen konnte und immer noch kann.
Momente, die so losgelöst sind von einem Triumph bei einem Wettkampf.
Nachhaltiger, erfüllender und mit einer anderen Freude.
Hier die Zusammenfassung
6 Läufe ergaben 91 km und 3480 Hm, verteilt auf insgesamt 12h 40 Minuten Bewegungszeit, nicht eingerechnet ist eine lockere 30-km Ausfahrt auf dem MTB, um die Beine aktiv zu lockern, aber die Schläge vom Laufen nach der langen Tour zu vermeiden.
Dienstag (morgens): Easy Trail Run morgens - 6.3 km / 80 Hm+/
Dienstag (abends): Intervalle 8x 3 min. schnell mit 90 Sek. Pause- 10.6 km / 250 Hm+/-
Mittwoch: Easy Trail Run - 8.5 km / 220 Hm+/
Donnerstag: Run/Hike/Climb Zugspitze - 49 km - 2500 Hm+/-
Freitag: Easy Recovery Run- 9.2 km / 110 Hm+/-
Samstag: Easy MTB 30 km / 122 Hm+/-
Sonntag: Easy Trail Run - 9 km / 200 Hm+/
Coretraining habe ich immerhin einmal gemeistert. Nach der Ultratour am Donnerstag war mir mehr nach ausgiebigem Dehnen und Ausrollen.
Run happy. Be happy. Deine Anna
Schreibe einen Kommentar