Läuferleiden - Wenn´s in der Ferse schmerzt: Umgang und Therapie mit einem Fersensporn
Geburtstage begehe ich normalerweise mit einem lockeren Morgenlauf. Ich läute damit symbolisch das neue Lebensjahr ein und denke mir aus, was ich so anstellen möchte in den kommenden 364 Tagen, und auch darüber hinaus.
Am Morgen meines 45. Lebensjahres Mitte August war an Laufen nicht zu denken.
Nach dem Aufstehen durchzog ein stechender Schmerz die linke Ferse und ein Stück der Sehnenplatte. Zum Glück nur kurz. Nachdem das Blut dann wieder in geordneten Bahnen lief, wurde es besser. Einen Tag zuvor war ich zu einem 5 km kurzen Testlauf aufgebrochen, der sich erstaunlich gut anfühlte. Auch die letzten Monate liefen recht unauffällig. Motiviert bereitete ich mich auf den Ultra Mirage über 52 Kilometer in der Wüste Tunesiens vor. Eine Distanz, die ich mir mit wenig Aufwand, etwa 50 Wochenkilometern, gut aus der Hüfte schütteln kann.
Die bittere Wahrheit
Ende August und nach bereits acht Tagen Laufpause, suchte ich einen Arzt auf und wurde direkt weiter in die Radiologie überwiesen. Mein Verdacht wurde wenige Minuten später bestätigt: Ein ausgereifter Fersensporn mit einer Länge von 5-6 mm hatte sich unverkennbar gebildet.
Endlich hatte ich Klarheit. Rückblickend kann ich mich nicht an einen konkreten Tag erinnern, an dem ich merkte, dass etwas überhaupt nicht mehr stimmte. Die für den Fersensporn typischen Anlaufschmerzen am Morgen hatte ich nicht täglich und längst nicht in einem Ausmaß, wie ich es aus dem Jahr 2009/2010 kannte. Damals wurde erst sehr spät ein Fersensporn diagnostiziert, nachdem ich etliche alternative Therapien ausprobiert hatte, viel Geld losgeworden war, nur nicht den Sporn.
Zurück in die Gegenwart. Das Schmerzgedächtnis scheint noch gut zu funktionieren. Der Körper erinnert sich lange an Verletzungen. Ich war mir schnell darüber im Klaren, dass sich die Symptome nicht einfach mit etwas Dehnen, Rollen, Pausieren und Salben in Luft auflösen würden.
Mir fiel ein, dass ich bei einem Lauf am Strand im Juli kurz umgeknickt war. Ich konnte ohne große Einschränkungen weiterlaufen. Nur manchmal war da ein dumpfes, Gefühl in der Ferse. Die Sehnenplatte fühlte sich weitestgehend normal an. Vielleicht hat sich rückblickend durch das Umknickerle doch etwas im Fuß verzogen, verzerrt oder verschoben. Als hier dann die Hochsaison losbrach und die Strände schon morgens überfüllt waren, war ich zum Laufen auf asphaltierte Wege ausgewichen. Womöglich auch eine Ursache, dass das harte Terrain zu viel des Guten für meine Füße und überhaupt den ganzen Apparat war. Ich sollte im Rahmen einer Online Therapie noch etwas Überraschendes feststellen, was auch erklären könnte, warum es letztlich zur Entwicklung eines knöchernen Auswuchses im Fersenbein kommen konnte.
Ich muss mich an die eigene Nase fassen: Die Disziplin, regelmäßig zu dehnen und zu rollen, ist bei mir kaum bis sehr wenig vorhanden. Ich tue das eher nach dem Lustprinzip. Kein Wunder also, dass der Körper irgendwann sagt: Stopp, bis hierhin und nicht weiter. Mit dem Alter benötigt der Körper mehr Zeit für die Regenerationsprozesse nach einer sportlichen Belastung. Das hatte ich definitiv über längere Zeiträume immer wieder schleifen lassen.
Ja, auch Laufcoaches machen nicht immer alles richtig!
Seltsam manchmal, dass man trotz besseren Wissens dann doch nicht anders handelt und in seinen nicht sehr ausgeprägten Routinen hängen bleibt.
Was bei einem Fersensporn helfen kann
Es gibt eine wichtige Unterscheidung zwischen einem Fersensporn und einer Plantarfasziitis. Während der Fersensporn ein knöcherner Auswuchs ist, handelt es sich bei der Plantarfasziitis um eine Entzündung oder Reizung der Sehnenplatte. Die Plantarfaszie ist ein dickes Gewebeband, das sich von der Ferse bis zu den Zehen erstreckt. Die Entzündung, die ihre Ursache, wie auch beim Fersensporn, oft in einer verkürzten Wadenmuskulatur hat, schmerzt immer. Ein Fersensporn kann auch unentdeckt bleiben, er schmerzt nicht zwingend.
Und: Bei einer Plantarfasziitis kann es durch die andauernde Be- und Überlastung zu einem Fersensporn kommen, aber nicht jeder Fersensporn verursacht eine Plantarfasziitis.
So viel zur Theorie. Nun zur Praxis.
Die Therapie - Stoßwelle olé
Zehn Tage sind seit der Diagnose vergangen. Ich habe bereits drei Stoßwellen-Sitzungen hinter mir. Angenehm geht anders.
Stoßwellen sind energiereiche Wellen, die Wasser und Weichteilgewebe durchdringen können. Trifft eine Stoßwelle auf einen Festkörper wie zum Beispiel Kalkablagerungen in einer Sehne, entlädt sie ihre Energie.
Jede Sitzung dauert rund vier Minuten, die sich wie eine halbe Ewigkeit anfühlen. Das klackernde Geräusch kann mitunter irritierend sein. Ich schwitze während jeder Sitzung stark, die Energieübertragung der Stosswellen in den Fuß ist spürbar. Während der Arzt das Gerät, das mit etwas Fantasie eher einer Gerätschaft aus einem anderen Bereich ähnelt, entlang der Ferse bewegt und auch die Innen- und Außenseite des Fußes mit einbezieht, stelle ich mir bildlich vor, wie sich der Sporn auflöst und damit auch die Blockade. Außerdem konzentriere ich mich auf die Atmung.
Klar, die Stoßwelle behandelt nur die Symptome und hat sich gerade bei Verletzungen, beispielsweise auch an der Achillessehne, bewährt.
Der Arzt empfiehlt insgesamt sechs Sitzungen im Abstand von 3-4 Tagen. Die letzten drei Sitzungen verteile ich auf eher 4-5 Tage. Unmittelbar nach der Behandlung ist die Manipulation von außen spürbar, es schmerzt teils sogar.
Zwei Tage nach der dritten Sitzung bewege ich mich komplett schmerzfrei. Erst mittags ist mir aufgefallen, dass der Fuß noch gar nicht gemuckt hatte. Zuversichtlich geht es weiter. Die Laufpause verlängere ich noch um ein paar Tage.
Wie der schiefe Turm von Pisa
Viele Jahre ist es her, seit ich auf Pete Egoscue´s Buch “Painfree” (erstmals 1998 erschienen, die deutsche Version des Buches gibt es hier) gestoßen bin. Ich habe das Buch immer wieder aus dem Regal gezogen, wenn sich ein Wehwehchen bemerkbar machte. Pete widmet sich der menschlichen Anatomie seit über vier Jahrzehnten und steht für den Ansatz, dass die Ursache von Schmerzen und Verletzungen in der Haltung und dem Gleichgewicht des Körpers liegen.
Bereits zwei Tage vor dem Arzttermin hatte ich mich für eine Digital Therapy angemeldet. Die dazugehörige App ist einfach zu bedienen. Ich erhalte zunächst per E-Mail von einem speziell nach der Egoscue-Methode ausgebildeten Therapeuten eine Analyse zu meiner Körperhaltung und sechs spezifische Übungen, die nicht nur an die Symptome des Fersensporns gehen, sondern vor allem an die Ursache.
Das gibt mir ein Verständnis für die Zusammenhänge im Körper. Ich arbeite fortan an der Korrektur meiner Körperhaltung. Es geht ums alignment, das Einnorden bzw. eine (Neu)ausrichtung der Körperachsen.
Nach einer Woche täglicher, teils anstrengender Übungen mit dem eigenen Körpergewicht sende ich meinem Therapeuten erneut vier Fotos. Siehe da: Mein Schiefstand hat sich deutlich verbessert.
Das sind zunächst zufriedenstellende Ergebnisse. Doch eine Verletzung wie diese, die sich über Wochen und Monate entwickelt hat, dauert eine Weile, um vollständig auszuheilen. Fast oder an manchen Tagen ganz schmerzfrei zu sein bedeutet noch lange nicht, dass der Körper alles geheilt hat.
Ich werde mich ab jetzt konsequent aufmerksamer meiner Körperhaltung widmen, bewusster gehen, laufen und versuchen, meinem Körper mindestens das zurückzugeben, was er im fast täglichen Lauftraining für mich tut. Verletzungen fordern immer eine Veränderung des Verhaltens ein. Das, was für eine Weile funktioniert hat, entspricht dann plötzlich nicht mehr dem Status Quo.
Hilfreich kann auch sein, die Wadenmuskulatur zu lockern: durch Rollen, physiotherapeutische Anwendungen und sanftes Dehnen.
Vielleicht kann es auch förderlich sein, regelmäßig eine Art Check-in mit sich selbst zu machen und hinein zu spüren, ob sich alles von Kopf bis Fuß rund anfühlt. Und wenn nicht, zu überlegen, was es braucht, um sich wieder einzunorden.
Unser guter, alter Einstein wusste doch immer schon:
“Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.”
Die Egoscue-Methode und die Stosswellentherapie sind nur eine von vielen Möglichkeiten, dem Fersensporn auf die Sprünge zu helfen, sich zu verdünnisieren. Ich beschreibe hier meinen persönlichen Weg, der nicht für jeden mit derartigen Symptomen die Lösung bedeuten muss.
Hast du Erfahrungen mit Plantarfasziitis und/oder einem Fersensporn?
Teile in den Kommentaren deine Erfahrungen und Methoden, wie es besser wurde und was du konkret unternommen hast. ⤵️
P.S: Noch eine kleine, interessante Randnotiz zum Schluss. Hier in Tunesien ist es sehr günstig, einen Arzt aufzusuchen. Meist bekommt man noch am selben Tag einen Termin. Als Privatzahler kostet eine Erst-Untersuchung umgerechnet 18 Euro, jede Stosswellen-Sitzung 9 Euro. Fünf Röntgenbilder haben mich ganze 6,50 Euro gekostet.